Donnerstag, 9. April 2020

Corona Ausflug



09.04.2020

Wohin in diesen Zeiten? Es ist Gründonnerstag. Geputzt wird heute nicht, Ostern kommt eh keiner. Kontaktverbot.

Wir planen einen Spaziergang. Wo sind keine oder wenige Menschen heute an einem normalen Arbeitstag? Wobei es fraglich ist inwieweit in diesen von Corona geprägten Zeiten von normalen Tagen die Rede sein kann.

Die Ostereinkäufe sind erledigt. Gestern um sieben Uhr früh bei Aldi. Ansonsten gibt es lange Schlangen, denn es dürfen immer nur wenige in den Laden. Wegen der Abstandsregelung. Mindestens 1,50 m, besser mehr.

Wir entscheiden uns für denWaldfriedhof Lauheide. Natur, wenig Menschen, Abstände möglich. Dass meine Mutter genau auf den Tag vor vier Monaten verstorben ist, fällt mir erst viel später ein.

Auf der Bundesstraße fahren wir in Schlange. Ich wünsche mir einen kleinen Stau herbei. Dann sind wir zumindest fast in einer Menschenansammlung sehne ich. Auf dem Friedhof ist es leer. Man hat das Tor zum Öffnen angefasst ohne Handschuhe. Gefährlich. Die hohen Birken umschmeichelt ein zartes Frühlingsgrün. Der Himmel blau, ohne Streifen.

Wirgehen zum Begräbnisort für die anonymen Bestattungen. Sitzen dort, schauen die vielen Laternen an, die Steine, auf denen Namen stehen. Mit der Anonymität scheint es nicht leicht zu sein.

Ich bewundere das sanfte Grün in den Bäumen. Die weite Wiese lässt Platz für eigene Gedanken. Ein Specht klopft in der Ferne. Ich erinnere mich an die Abschiedsfeier für meine Mutter. Ich hatte einen Text vorgelesen, ein Stimmungsbild über diesen Friedhof. Da klopfte auch ein Specht. Jetzt bin ich in dem Bild.

Auf dem Rückweg treffen wir eine ältere Frau. Wir kommen brav Abstand haltend ins Gespräch. Sie sei mit dem Bus gekommen. Ob der voll war? Nein, sie wäre alleine dort drin gewesen. Sie zeigt auf ihre Handschuhe, hat einen Mundschutz. Die Kinder hätten ihr verboten auf den Friedhof zu gehen. Sie gehöre zur Hochrisikogruppe. Doch sie müsse dringend raus. Und solche Gespräche wie hier jetzt fehlen ihr. Sie geht weiter und hofft, vielleicht sind Sie ja noch da, wenn ich wieder vorbeikomme.

In der Friedhofsgärtnerei kaufen wir ein paar Blumen für den Osterstrauch. Keine Warteschlange, einfach einkaufen über den Ladentisch.

Morgen ist Feiertag, da gehen wir in einem Industriegebiet spazieren. Dann ist dort keine Menschenseele.

09.04.2020





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